Herr V.S. fuhr mit seinem Fahrzeug für ein paar Tage nach London. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland fand er Post von der Euro Parking Collection, kurz EPC, in seinem Briefkasten.
Das Schreiben zeigte ein Foto vom Kennzeichen seines Fahrzeugs und eine Zahlungsaufforderung, innerhalb von 14 Tagen einen ermäßigten Betrag von 78,22 Euro zu bezahlen, andernfalls der volle Betrag in Höhe von 156,44 Euro eingefordert wird. Der Betrag wird gefordert, weil er mit seinem Fahrzeug eine gebührenpflichtige Straße befahren aber die Gebühr nicht bezahlt habe.
Wer mit seinem Fahrzeug in die City von London unterwegs ist, hat zu beachten, dass für bestimmte Stadtbezirke Maut für gebührenpflichtige Straßen erhoben wird. Wer dies übersieht, hat gute Aussichten, von der EPC eine Zahlungsaufforderung zu erhalten.
Bei der EPC handelt es sich um ein Inkassobüro mit Sitz in London, das nicht bezahlte Mautgebühren und Bußgelder beitreiben soll. In ihrer Zahlungsaufforderung wird dem Betroffenen eine Zahlungsfrist zuzüglich weiterer Kosten gesetzt und bei nicht Bezahlung mit gerichtlichen Schritten gedroht.
Die Adressdaten des Fahrzeughalters erhält die EPC über das Kraftfahrt-Bundesamt. Das Kraftfahrt-Bundesamt ist berechtigt, gespeicherten Fahrzeugdaten und Halterdaten an Behörden anderer Staaten zu übermitteln, soweit dies zur Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Straßenverkehrs erforderlich ist.
Zwar handelt es sich bei der EPC um keine öffentlich-rechtliche Behörde. Die EPC ist jedoch von der britischen Verwaltung mit der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben „beliehen“ worden. Hierbei handelt es sich um eine Form der Übertragung hoheitlicher Aufgaben an Dritte, quasi ein öffentlich-rechtliches outsourcing. Aufgrund dieses Status ist das Kraftfahrt-Bundesamt berechtigt, die entsprechenden Auskünfte zu erteilen.
Der Zahlungsaufforderung durch die EPC liegt ein straßenverkehrsrechtlicher Bescheid einer britischen Behörde zugrunde. Eine Vollstreckung des Bescheides in Deutschland ist derzeit allerdings nicht möglich, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht für die Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen eines anderen Staates zuständig ist. Klagen der EPC müssen von deutschen Gerichten zurück gewiesen werden.
Sollte die EPC nach einer vergeblichen Zahlungsaufforderung in Deutschland einen Mahnbescheid oder die Klage einreichen, sollte dagegen sofort Rechtsmittel eingelegt werden.
Soweit bekannt, hat die EPC auch nach einem gerichtlichen Mahnverfahren oder Klage noch nie die Vollstreckung eingeleitet.
Inwieweit sich durch einem Beschluss der EU-Justizminsister künftig eine Änderung ergibt, bleibt abzuwarten. Künftig sollen Geldbußen ab 70,- Euro in allen anderen EU-Staaten anerkannt und vollstreckt werden können. Derzeit ist die Vereinbarung noch nicht in Kraft. Die neue Regelung muss jedoch innerhalb von 2 Jahren in nationales Recht umgesetzt werden und soll bis spätestens 2007 in Kraft treten.
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