Kaltstart im Winter – warmfahren oder warmlaufen lassen?

Wie wird ein Motor richtig geweckt? Im Leerlauf, langsam lostuckern oder voll aufs Gas? Hier die Antworten auf diese und andere Fragen:

Vermutlich gibt es in jedem Wohngebiet einen Zeitgenossen, der morgens um halb sechs seinen alten Diesel anwirft und dann erst mal frühstücken geht. Wenn er eine halbe Stunde später wiederkommt, sind Motor und Auto schön warm. Und alle Nachbarn wach. Das ist natürlich verboten und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.

Der Motor und seine Innereien bestehen aus unterschiedlichen Materialien, die sich nach dem Anlassen unterschiedlich erwärmen und auch unterschiedlich ausdehnen. Dummerweise ist es jedoch so, dass der Kolben sich zuerst erwärmt. Umso schneller, je stärker aufs Gas getreten wird – und umso mehr dehnt er sich aus. Sein Zylinder jedoch, mit dem umgebenden Wassermantel, wird verhältnismäßig langsam warm. Das kann dazu führen, dass der Kolben nicht mehr in den Zylinder passt – er klemmt. Die dabei entstehenden Riefen in den Zylinderwänden, welche jeder Autobesitzer vermeiden möchte.
Eine weitere neuralgische Stelle ist die Zylinderkopfdichtung. Der Kopf ist meistens aus Aluminium, wird schneller warm als der Motorblock aus Gusseisen (bei Alublöcken ist es weniger dramatisch). Dazwischen liegt die Zylinderkopfdichtung, welche die Relativbewegung zwischen den beiden großen Bauteilen ausgleichen muss. Und das auch bei Verbrennungsdrücken, die bald die 200-Bar-Grenze erreichen. Schon aus diesem Grund empfiehlt sich also etwas Zurückhaltung mit dem Gaspedal. Dann wäre da noch die Sache mit der Schmierung: Kaltes Öl ist zähflüssig, lässt sich nur widerwillig zu den Schmierstellen pumpen. Bis der letzte Ventilstößel oben im Zylinderkopf versorgt wird, kann es zehn Sekunden dauern, in denen die Gleitflächen trocken laufen. Bei den dünnen 0-W-30- oder 0-W-40-Ölen ist die Situation etwas besser, doch dünn wie Wasser sind auch sie bei Minusgraden nicht. Hinzu kommt, dass Motoröl seine optimalen Schmiereigenschaften erst ab etwa 80 Grad entfaltet.

Die Ideallösung: Ein paar Sekunden Leerlauf, dann ganz normal losfahren

Völlig egal ist es übrigens, ob die Heizung an oder aus ist –bei Testfahrten konnte kein Unterschied festgestellt werden. Doch wie sollte nun der schonende Kaltstart erfolgen? Warmlaufen im Stand scheidet aus, außerdem ist dann der Verschleiß der Nockenwelle am höchsten. Wir empfehlen stattdessen: Motor starten, aber nicht aufheulen lassen; ein paar Sekunden Leerlauf, in denen der Gurt angelegt wird, und dann ganz normal losfahren. Früh hochschalten, 2000 bis 2500/min sind für den morgenstarren Motor genug.


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